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HomeKit erklärt – Alles wissenswerte über Apples Heimautomatisierung

Viele Firmen wie Philips oder NEST arbeiten daran das Smart Home Wirklichkeit werden zu lassen. Sie bieten bereits heute intelligente Beleuchtungs-Systeme, Heizungen die sich automatisch herunter regulieren, wenn keiner mehr im Haus ist und Garagentore, die sich automatisch öffnen sobald jemand die Auffahrt vorfährt. Doch bisher waren dies einzelne Insel-Lösungen, die nicht verbunden sind und keine smarten, regelbasierten Aktionen mit mehreren Komponenten ermöglichen (z.B. sobald der letzte das Haus verlässt, schalte alle Lichter aus, regle die Heizung herunter, verschließe alle Türen und aktiviere die Überwachungskameras). Sicherlich ist dies auch mit den vorhandenen Lösungen möglich, man benötigt hierzu allerdings für jeden Hersteller eine eigene App und für jedes geschlossene Systeme diese Regeln einzeln anlegen. Es gab, bis auf einige kleinere Controller (z.B. SmartThings, welches inzwischen aber auch nicht mehr ganz so offen ist und zu Samsung gehört oder Insteon), keine übergreifende Plattform, welche es ermöglicht Systeme verschiedener Hersteller miteinander zu verknüpfen und zu steuern. Das Smart Home scheitert im Moment leider noch an den Grenzen der unterschiedlichen Hersteller-Systemen. Erst eine Verknüfung dieser über eine einheitliche Plattform und die Steuerung über eine einzelne App, ermöglicht ein wahrhaft smartes Zuhause. An dieser Problematik knüpft Apple an und möchte mit HomeKit genau das bieten.

Was ist HomeKit nun?

HomeKit ist erst einmal die Bezeichnung für ein Entwickler-Framework, welches App-Entwicklern ermöglicht mit Geräten zu interagieren, welche sich auf das Home Automation Protocol verstehen. Es bietet einen standardisierten, hersteller-unabhängigen Zugang zu Smart Home Geräten. Dass heißt mit einer App können Komponenten verschiedener Hersteller gesteuert werden. Es spielt also keine Rolle, ob diese von Philips oder Elgato sind, da alle die gleichen Kommandos verstehen. HomeKit ermöglicht damit erstmals eine universelle Fernbedienung für alle Geräte des Smart Home.

Zusätzlich ist in iOS eine eigene Datenbank integriert, auf welche alle Apps zugreifen können, die für HomeKit vorbereitet sind. In dieser Datenbank sind Informationen zu allen verfügbaren Geräten im eigenen Zuhause gespeichert. So ist es möglich, dass auch die App eines Drittanbieters weiß, dass bspw. eine Philips Hue Lampe verfügbar ist und diese steuern kann.

Was ist HomeKit nicht?

Apple liefert mit HomeKit erst einmal keine Hardware und auch keine Apps. Auch wenn sich dies zukünftig noch ändern könnte, ist dies ein wichtiger Unterschied zu anderen Systemen. Apple setzt somit voll und ganz auf Dritt-Hersteller und das gewohnt starke Ökosystem aus Entwicklern, Zubehörherstellern und der App Stores. Apple’s Ziel ist erst einmal keine direkte Gewinnerzielung mit HomeKit, sondern vielmehr uns Nutzer noch weiter in den goldenen Käfig des Apple-Universums einzuschließen. Denn klar ist, dass HomeKit nur für die Apple-Plattformen angeboten wird und die entsprechenden Protokolle und Entwicklerschnittstellen nur von iOS/watchOS- und Mac-Apps genutzt werden können. Android-Nutzer sind hier leider komplett außen vor. Google forciert mit den Projekten Brillo und Weave aber auch ähnliche Vorhaben.

Wie erkenne ich, ob ein Produkt mit HomeKit kompatibel ist?

Grundlage von HomeKit ist ein Zertifizierungsprogramm für Zubehörhersteller. Diese können ihre Produkte, ähnlich dem bekannten „Made for iPhone“-Siegel zertifizieren lassen. So ist sichergestellt, dass sowohl die Hardware, als auch die mitgelieferten Apps, voll mit anderen HomeKit-Produkten kompatibel sind und sich bspw. über Apps anderer Hersteller oder über Siri steuern lassen. Ähnlich wie im App-Store spielt Apple hier also den „Gatekeeper“, der die Kompatibilität, Sicherheit und Qualität der HomeKit-Produkte sicherstellt. In Punkto Sicherheit setzt Apple hier übrigens höhere Standard als üblich, wie z.B. eine volle Ende-zu-Ende-Verschlüßelung zwischen den Geräten. Diese hohen Standards sind auch der Grund warum erst jetzt viele Hersteller HomeKit-Produkte ausliefern. Die erste Version von HomeKit wurde bereits Mitte 2014 vorgestellt. Bis Hersteller wie bspw. Philips aber den gesamten Zertifizierungsprozess durchlaufen haben und ihre Apps angepasst haben, ist einige Zeit vergangen. Zum Teil musste sogar (wie bei Philips Hue) die Hardware-Bridge überarbeitet werden, um alle Anforderungen zu erfüllen. Daher ist es bei den meisten Geräten leider nicht mit einem Software-Update getan.

Ob ein Produkt mit HomeKit kompatibel ist, erkennt ihr relativ leicht an dem folgenden HomeKit-Siegel, welches auf der Verpackung zu finden sein sollte. Anbieter, die dieses bereits tragen sind bspw. Philips, Elgato oder Insteon:

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Glücklicherweise gibt es dank findiger Entwickler bereits eine relativ einfache Möglichkeit auch Produkte ohne offizielle Zertifizierung fit für HomeKit zu machen. Wie das funktioniert könnt ihr in meinem Artikel über Homebridge nachlesen.

Räume, Szenen, Gruppen – Die Begriflichkeiten von HomeKit

HomeKit ordnet die Produkte in eurem Smart Home in flexible Gruppierungen ein. Diese ermöglichen mehrere Komponenten gleichzeitig mit einem Befehl zu aktivieren und zu steuern. So wird der Aufbau eures Zuhause in HomeKit abgebildet:

Zuhause

Die oberste Gruppierung sind verschiedene Häuser, die ihr mit Homekit verwalten könnt (z.B. Zuhause, Büro und Ferienwohnung). Die Unterteilung in verschiedene Häuser ermöglicht euch die Steuererung einzelner Häuser über iCloud auch anderen Benutzern zu ermöglichen, z.B. Familienmitgliedern oder Kollegen im Büro. Dabei werden alle Einstellungen und Gruppierungen eures Zuhause automatisch mit den Geräten eurer Familie oder Kollegen synchronisiert. Fügt ihr also ein neues Gerät zu eurem Zuhause hinzu, können euere Familienmitglieder dies automatisch ebenfalls steuern ohne es erneut koppeln zu müssen. Ein wie ich finde extrem praktisches Feature.

Räume

Die nächste Gruppierung sind einzelne Räume eures Hauses (z.B. Küche, Schlafzimmer, Wohnzimmer). Alle Komponenten in einem Raum werden diesem zugeordnet. Auf diese Weise könnt ihr mit einem Befehl bspw. alle Lichter im Wohnzimmer einschalten.

Gruppen

Die oben erwähnten Räume können sogar noch weiter in verschiedene Gruppen eingeteilt werden (z.B. Erdgeschoss und 1. Stock oder einfach nur „unten“ und „oben“). Der Befehl „Schalte oben das Licht an“ knipst dann alle Lichter im oberen Stockwerk an.

Szenen

Szenen gehen noch etwas weiter als Gruppen, da diese auf Komponenten-Ebene das Auslösen bestimmter Aktionen ermöglicht. Typische Szenen sind bspw. „Ich komme nach Hause“, „Ich verlasse das Haus“, „Guten Morgen“ oder „Gute Nacht“. Die Szene „Ich komme nach Hause“ könnte dann bspw. die Lichter im unteren Stockwerk einschalten, den Radio automatisch laufen lassen und die Heizung aufdrehen.

Ereignisse

Ereignisse ermöglichen euch einzelne Komponenten oder bestimmte Szenen automatisiert zu aktivieren. Hierfür können verschiedene Trigger, u.a. Sonnenauf- und untergang, die Uhrzeit oder das Verlassen bzw. Betreten eines bestimmen Ortes genutzt werden. Kommt ihr also zu Hause an merkt dies euer iPhone und aktiviert automatisch die Szene „Ich komme nach Hause“. Da all dies vom iPhone-Betriebssystem selbst gesteuert wird und ihr dafür keine eigene App geöffnet haben müsst, geschieht dies auch relativ akkuschonend und zuverlässig. Trigger kann aber auch ein Ereignis eines anderen Gerätes sein. Merkt also bspw. ein Fühler für die Luftqualität in der Wohnung, dass es an der Zeit zu lüften ist, kann automatisch das Fenster gekippt und die Heizung heruntergedreht werden. Die Geräte steuern sich also gegenseitig und ermöglichen so tatsächlich erst ein smartes Haus.

Siri – Die Herrin des Hauses

Bei all dem darf natürlich Sir nicht fehlen. Sie versteht sich sowohl auf Befehle für einzelne Komponenten („Schalte die Heizung im Wohnzimmer ein“), als auch auf die Steuerung ganzer Gruppen oder Räume („Schalte oben die Lichter ein“), sowie die Steuerung von Szenen („Guten Morgen“). Die Sprachsteuerung des Smart Home wird also direkt mitgeliefert. Natürlich funktioniert dies überall wo Siri verfügbar ist (iPhone, iPad und auch die Apple Watch). Dabei ermöglicht die Funktion „Hey Siri“ eine Star-Trek-ähnliche Bedienung des Zuhauses. Siri kann seit dem iPhone 6s durch bloßes Zurufen von „Hey Siri“ auch ohne Stromversorgung aktiviert werden. Wir müssen also nicht mal mehr aufstehen und zum Smartphone greifen, um das Smart Home zu steuern 🙂

Ist HomeKit die Lösung aller Probleme?

Sicherlich ist HomeKit noch nicht die Lösung aller Probleme beim Aufbau eines wahrhaft smarten Zuhauses, aber ein mutiger und äußerst vielversprechender Schritt in die richtige Richtung. Apple wählt hierfür einen gänzlich neuen Ansatz und agiert lediglich als Vermittler, eine Art „Smart Glue“, der all die einzelnen Teile zu einem komplexen und smarten Home zusammenfügt. Auch ist sicher, dass dies noch nicht der letzte Wurf von HomeKit ist, sondern noch weiter ausgebaut wird. Gerade die Ereignisse bieten in meinen Augen noch enormes Potential zur automatisierten Steuerung des Zuhause. Größter Schwachpunkt von HomeKit ist im Moment noch die Verfügbarkeit kompatibler Geräte. Schaut man sich aber die Verbreitung von iOS-Geräten und die tiefe Integration in die Geräte und das Betriebssystem an, ist dies ein Potential welches nur wenige Zubehörhersteller verschenken werden. Auch wenn die Zertifizierung durch Apple mit einigem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist, wird der Einstieg und die Entwicklung von Smart Home Produkten meiner Meinung nach deutlich erleichtert, da zum einen ein fertiges Framework zur Steuerung der Produkte vorliegt und zum Anderen keine Hardware-Gateways zur Steuerung mehr benötigt werden, wie momentan noch von vielen Herstellern in Verwendung. Diese Rolle übernimmt das eigene iOS-Gerät bzw. ein vorhandenes Apple TV oder künftig vermutlich auch ein Router. Die nächsten Monate werden also eine spannende Zeit für das Smart Home. Die Entwickler und Hersteller beginnen gerade das Potential von HomeKit zu erfassen und für sich zu nutzen. Nicht nur die Hardware wird erwachsener werden, sondern auch die Apps zur Steuerung dieser. Ich bin gespannt welche Ideen die App-Entwicklergemeinschaft in den nächsten Monaten und Jahren entwicklen wird. Das ohne Zweifel erfolgreiche Ökosystem, welches Apple mit den App Stores geschaffen hat, wird, so hoffe ich, auch dem Smart Home Bereich einen deutlichen Auftrieb verpassen.

 

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